09 Denken, Gefühle und Atem

Shownotes

Wir beleuchten die tiefe und untrennbare Verbindung zwischen Atem, Denken und Gefühl und wie diese Einheit die menschliche Wirklichkeit beeinflusst.

I. Die Einheit von Atem, Denken und Gefühl

• Der Spiegel des Geistes: Der Atem spiegelt den Geist wider. Ist der Atem gleichmäßig, ist der Geist still; ist der Atem unstet, zittert der Geist wie Blätter im Wind.

• Historische Sichtweise: In der griechischen Antike zur Zeit Homers bedeutete Atem (Pneuma) primär Bewusstsein und umfasste Denken, Fühlen, Wahrnehmen sowie die Vorbereitung zum Handeln. Das Denken war unmittelbar mit dem Vorgang des Atmens verbunden.

• Atem als Brücke: Trotz der dualistischen Trennung des Menschen in Körper und Geist, die in naturwissenschaftlichen und esoterischen Atemlehren fortbesteht, scheint der Atem die Brücke zwischen dem Körperlichen und dem Seelisch-Geistigen zu sein. Diese Mittlerrolle begründet seine Fähigkeit, körperliche, seelische und geistige Funktionen zu beeinflussen.

• Schlüssel zum Verständnis: Der Atem kann als Schlüssel zum Verständnis der physiologischen Bedingungen von Denken und Fühlen sowie deren krank- und gesundmachenden Wirkungen angesehen werden.

II. Denken und Atem

Das Denken ist direkt mit dem Atem verbunden und kann nicht von ihm gelöst werden.

• Physiologie der Sprache und des Denkens: Voraussetzung für begriffliches Denken sind Vokale und Konsonanten, die durch die Modulation des Atems im Zwerchfell-Kehlkopf-Rachen-Bereich gebildet werden. Der gesamte Brust- und Bauchraum ist für die Bildung von Lauten bedeutsam.

• Denken als inneres Sprechen: Platon bezeichnete Denken als permanentes Selbstgespräch der Seele oder des Geistes mit sich selbst (inneres Sprechen). Bei diesem inneren Sprechen entstehen filigrane Schwingungen im Kehlkopf oder Mikrobewegungen in der Zunge.

• Ganzheitlicher Vorgang: Denken ist ein ganzheitlicher Vorgang von Körper und Seele. Sprache und Denken wirken über feinmotorische Muskeln und feinsensorische Nerven auf die Atmung. Schwere Gedanken machen den Atem schwer; schöne Gedanken erweitern die Lungen.

• Lokalisation: Der denkerische Ort kann nicht mehr nur im Kopf lokalisiert werden, sondern befindet sich im ganzen Körper. Alte Spruchweisheiten verorten den Sitz des Denkens im Zwerchfell (Homer), im Sonnengeflecht (Indien) oder im Herzen (Taoismus), was auf die zentrale Rolle der Atmung und des Zwerchfells hindeutet.

• Gedanken als Kräfte: Gedanken sind Kräfte und haben im Alltag folgerichtige Auswirkungen. Gedanken können sich verdichten, werden zu Worten und entfalten durch das Wort ihre bewirkende Kraft.

III. Gefühle und Atem

Gefühle sind als seelische Qualitäten im Physikalischen verhaftet und schwankend, im Gegensatz zur Empfindung, die eine stabile geistige Qualität darstellt.

• Die Rolle des Herzens: Das Herz ist ein Rhythmusorgan, und Gefühle äußern sich im Herzschlag. Da das Herz unmittelbar in der Nähe des Zwerchfells liegt, wirken Rhythmusveränderungen des Herzens hochsensibel auf den Atemrhythmus ein.

• Wechselseitiger Bezug: Fühlen hat wie das Denken einen wechselseitigen Bezug zu den Atemschwingungen. Jedes Gefühl ist mit einem bestimmten Atemmuster verbunden.

• Unterdrückung von Gefühlen: Die Unterdrückung von Gefühlen wirkt sich direkt auf die Atmung aus. Um ein Gefühl zu unterdrücken, wird ein unbewusster Atemvorgang aktiviert, der den Ausdruck des Gefühls behindert (z. B. das Anspannen der Bauchmuskeln, um Wut zu unterdrücken). Dies kann zur chronischen Reduktion des Energieniveaus, Stoffwechseleinschränkungen und Depression führen.

• Angst und Atemanhalten: Das Anhalten des Atems nach der Einatmung ist ein wichtiges Mittel zur Unterdrückung von Angstgefühlen. Obwohl dieses Atemanhalten kurzfristig schützend sein kann (Energiekonzentration auf ein Ziel), kann es sich als chronische Abwehrhaltung gesundheitsschädigend auswirken.

• Atmosphäre und Resonanz: Die Art und Weise, wie man sich in seinen Gefühlen verhält, schafft eine Atmosphäre und spiegelt sich im Atem wider. Gefühlsansteckung basiert auf dem Gesetz der Resonanz.

• Lebensfreude und Atem: Lebensfreude äußert sich in einem vollen, tiefen und regelmäßigen Atem. Eingeschränkte Atmung verringert das Selbstwertgefühl und die Lebensqualität.

IV. Atemarbeit und Bewusstsein

Der Atem reagiert wie ein Seismograph auf unsere Gedanken und Gefühle; folglich muss der Atem auch einen Einfluss auf Gedanken und Gefühle haben.

• Ziel der Atemarbeit: Durch die Arbeit am, mit dem und durch den Atem wird Achtsamkeit auf die Gedankenkräfte geübt, Gedanken werden geprüft und ihre Inhalte in die Kraft des Atems eingebettet (Gedankenhygiene). Dies fördert das In-Verbindung-Bleiben mit der inneren Ordnung und trägt zur Gesunderhaltung bei.

• Bewusstwerdung: Das Bewusstwerden der eigenen körperlich-seelisch-geistigen Lebenswirklichkeiten ist zentral in der Atemarbeit. Dies stabilisiert Entwicklungsprozesse und führt zu einem Selbst-Bewusstsein, das das Geworden-Sein und das noch Werdende in die individuelle Lebensgeschichte integriert.

• Gelassenheit und Kreativität: Gelassenheit zeigt sich, indem der Atem als selbstverständlicher Teil des Bewusstseins präsent ist und seine Erscheinungen als Hinweise auf die Qualität des aktuellen Denkens oder Fühlens gewertet werden. Das Atemgeschehen ist auch ein gestalterisches, kreatives und schöpferisches Tun, wenn der Mensch aus der Intuition heraus Wesen und Gestalt gibt.

• Empfehlung: Es wird empfohlen, den Atem geschehen zu lassen und bewusstes Atmen zu üben, um in schwierigen Momenten mit heftigen Emotionen umgehen zu können

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